Die Magnetpulverprüfung (MT, Magnetic Particle Testing) ist ein Verfahren der zerstörungsfreien Werkstoffprüfung (zfP), bei der mit Hilfe von Eisenoxid-Partikeln Materialfehler detektiert werden können, welche oberflächennah oder zur Oberfläche hin offen sind. Die Magentpulverprüfung ist eine einfache und zuverlässige Methode für ferromagnetische Werkstoffe. Es können Bauteile z.B. aus Eisen (niedrig- oder unlegierte Stähle, Stahlguss und Gusseisen) sowie Kobalt und Nickel durch Magnetisierung geprüft werden.
Anwendungsbereiche
Besonders häufig wird die
Magnetpulverprüfung in der Automobilindustrie zur Prüfung sicherheitsrelevanter Komponenten wie Antriebswellen, Federn, Lenkungs- und Motorkomponenten verwendet. Im Maschinenbau werden Kurbelwellen, Zahnräder und Achsen geprüft. In der Öl- und Gasindustrie sorgen Prüfungen im Bereich Upstream (Förderung/Gewinnung), Midstream (Transport und Lagerung) und Downstream (Raffinierung) für Sicherheit.
Teilweise wird die Magnetpulverprüfung umgangssprachlich auch Fluxen genannt. Es ist ein klassisches Verfahren der zerstörungsfreien Werkstoffprüfung. Es ermöglicht also die Prüfung, ohne den Prüfgegenstand selbst zu beeinträchtigen.
Gängiges Kürzel kann neben MT (magnetic particle testing) vor allem international auch MPI (magnetic particle inspection) sein.
Die Magnetpulverprüfung, auch bekannt unter den Bezeichnungen Magnetpulver-Rissprüfung, MT-Prüfung (Magnetic Testing) oder schlicht Fluxen, nutzt die Eigenschaften ferromagnetischer Werkstoffe. Während der Magnetisierung wird das Bauteil gleichzeitig mit einem Prüfmittel bespült.
Die Magnetisierung eines Bauteils findet i.d.R. durch die Anbringung eines Magnetfeldes mittels einer externen Magnetquelle statt. Ein solches Magnetfeld kann z.B. durch Stromdurchflutung, mittels einer Spule oder durch Magnete aufgebracht werden. Je nach verwendeter Magnetfeldart befindet sich das applizierte Magnetfeld an der Oberfläche (Skineffekt) oder flutet den ganzen Querschnitt des Bauteils. Bei großen Werkstücken, bei denen eine komplette Magnetisierung nicht möglich ist, wird nur der zu prüfende Teilbereich magnetisiert.
Die dabei entstehenden Feldlinien verlaufen normalerweise parallel zur Oberfläche des Werkstücks. Wenn jedoch eine Fehlstelle wie ein Riss im Material vorhanden ist, wird das Magnetfeld lokal gestört. An solchen Fehlstellen treten dann sogenannte Streufelder aus dem Material aus.
Bringt man nun auf die Oberfläche feinste Eisenoxid-Partikel mittels eines Magnetpulverprüfmittels auf, sammeln sich diese Partikel an dem Streufeld. Aufgrund des Farbkontrastes zwischen Magnetpulverprüfmittel und Bauteiloberfläche werden die Oberflächenfehler sichtbar und können dokumentiert werden. Sind die Partikel z.B. mit fluoreszierenden Farbstoffen ummantelt, kann das Bauteil nun unter UV-Strahlung betrachtet wird. Die fluoreszierenden Partikel machen somit die Streufelder und damit die Fehlerstellen sichtbar.
Neben der fluoreszierenden Magnetpulverprüfung unter Zuhilfenahme von UV-Strahlern kann die Magnetpulverpüfung auch bei Tageslicht durchgeführt werden. Hier werden farbige, meist schwarze Magnetpulverprüfmittel verwendet. Der ausreichende Kontrast wird durch vorherige Applikation eines einer weißen Untergrundfarbe hergestellt.
Daher wird die Magnetpulverprüfung unter Tageslichtbedingungen umgangssprachlich auch "Schwarzweiß-Prüfung" genannt.
Das hier beschriebene Verfahren zur Durchführung der Magnetpulverprüfung entspricht den Vorgaben der DIN EN ISO 9934-1. Für einen sicheren Prüfprozess und korrekte Ergebnisse sind erforderlich
Darüber hinaus hat die Durchführung durch qualifiziertes Prüfpersonal zu erfolgen, beispielsweise ausgebildet gemäß DIN EN ISO 9712. Nur so kann die Einhaltung der genannten Voraussetzungen sichergestellt werden und die Ergebnisse korrekt interpretiert werden.
1. Vorreinigung
Die zu prüfenden Oberflächen müssen frei von Rost, Zunder, Öl und Fetten sein. Dies wird erreicht durch mechanische oder chemische Vorbehandlung (z.B. mit PFINDER 890). Es ist darauf zu achten, dass das Werkstück nach der Reinigung trocken ist.
2. Aufbringen der Untergrundfarbe (nur bei Prüfungen mit Tageslicht / Weißlicht)
Die weiße Untergrundfarbe (z.B. PFINDER 280) dient zur Kontrastverstärkung. Sie wird gleichmäßig auf die zu prüfende Oberfläche aufgebracht. Die Schichtdicke sollte so dünn wie möglich sein (max. 50µm/trocken). Eine zu hohe Schichtdicke kann das Prüfergebnis negativ beeinflussen. Die Untergrundfarbe trocknen lassen.
3. Magnetisierung und Aufbringen des Prüfmittels
Die Magnetisierung kann durch Handmagneten (z.B. PFINDER 15-0) erfolgen. Üblicherweise ist eine Tangentialfeldstärke von etwa 2 kA/m² erforderlich. Die Magnetpulversuspension muss kurz vor und während der Magnetisierung aufgebracht werden. Die Bespülung muss vor dem Abschalten der Magnetisierung beendet sein. Die Bespülung der Oberfläche muss mit so wenig Druck erfolgen, dass eine ungestörte Anzeigenbildung erfolgen kann. Nach der Bespülung sollte das Prüfmittel so ablaufen, dass die Anzeigenerkennbarkeit verbessert wird, z.B. durch Neigung des Werkstückes.
4. Inspektion
Nach Abschluss der Anzeigenbildung können diese bei der Verwendung schwarzer Magnetpulver mit Tages-/Weißlicht (> 500 lx) und bei der Verwendung fluoreszierender Magnetpulver unter UV-Strahlung (≥ 1000 µW/cm² und < 20 lx) ausgewertet und dokumentiert werden. Blendwirkungen und Reflexionen sind zu vermeiden.
5. Nachreinigung und weitere Bearbeitung
Um das Werkstück seiner weiteren Verwendung zuzuführen, kann es erforderlich sein die Oberfläche von Prüfmittel und Untergrundlack zu befreien (z.B. mit PFINDER 890). Es kann notwendig sein, das Werkstück vor einer weiteren Bearbeitung zu entmagnetisieren und/ oder einen geeigneten Korrosionsschutz aufzubringen.
Das Verfahren und die praktische Anwendung
der Magnetpulverprüfung wird in verschiedenen Normen und Spezifikationen beschrieben und definiert. So wird sichergestellt, dass mit den Prüfungen ein gesichertes und konsistentes Ergebnis erzielt wird. Standardisierung sorgt auch dafür, dass Prüfungen weltweit vergleichbare Ergebnisse ergeben.
Nachfolgend aufgeführte Normen beschreiben das Verfahren, die praktische Umsetzung, Anforderungen an das Prüfmittel, Betrachtungsbedingungen oder Personalqualifizierung für die Magnetpulverprüfung.
In Deutschland spielt außerdem die Deutsche Gesellschaft für Zerstörungsfreie Prüfung (DGZfP) eine zentrale Rolle bei der Verbreitung und Schulung dieser und anderer Prüfverfahren. Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere, oft nationale oder sogar unternehmensinterne Spezifikationen und Regelwerke, z.B. zu Werkstückgüteklassen.
PFINDER ist Mitglied in folgenden Normenausschüssen und arbeitet darüber hinaus in verschiedenen verfahrensbezogenen Fachausschüssen mit:
National
NA 062-08-24 AA (Elektrische und magnetische Prüfverfahren)
NA 062-08-25 AA (Oberflächenverfahren)
International
CEN/TC 138/WG 04 (Eindringprüfung)
ISO/TC 135/SC 2 (Oberflächenverfahren
Ausschließlich ferromagnetische Werkstoffe können mittels der Magnetpulverprüfung untersucht werden. Die Magnetpulverprüfung funktioniert nicht bei Werkstoffen wie z.B. hochlegierten (austenitischen) Stählen, Leichtmetalllegierungen, Kupfer, Kunststoffen und Verbundwerkstoffen, da diese nicht magnetisierbar sind.
Ein besonderes Augenmerk bei der Magnetpulverprüfung liegt auf der Ausrichtung der Feldlinien relativ zu den zu erwartenden Fehlstellen. Da die Feldlinien parallel zur Oberfläche verlaufen, sind Defekte, die quer zu diesen Feldlinien liegen, besonders gut nachweisbar, da sie das Magnetfeld am stärksten stören und dadurch ein deutliches Streufeld erzeugen. Risse in Längsrichtung hingegen erzeugen weniger ausgeprägte Streufelder und sind daher schwieriger zu erkennen. Dies erfordert eine präzise Ausrichtung der Magnetisierung, um sicherzustellen, dass alle möglichen Defekte zuverlässig entdeckt werden.
Besonders große oder geometrisch sehr komplexe Werkstücke erfordern eine spezielle Handhabung und sorgfältige Planung, da das Magnetfeld über die gesamte Länge des Werkstücks gleichmäßig aufrechterhalten werden muss. Dies kann die Magnetisierung erschweren oder einen effizienten Prüfablauf unmöglich machen. In diesem Fall kann die Eindringprüfung ein geeigneteres Verfahren sein.
Bei sehr rauen Oberflächen oder durch Vorprozesse stark kontaminierte Prüfstücken kann die Empfindlichkeit der Prüfung beeinträchtigt werden. Daher ist es wichtig, die Magnetpulverprüfung von qualifiziertem Prüfpersonal planen und durchführen zu lassen. Die geeigneten Prüfmethoden, Zubehör und Prüfmittel sind auszuwählen und die Ergebnisse korrekt zu interpretieren.