Was ist die Eindringprüfung?

Die Eindringprüfung (PT, Penetrant Testing) ist ein Verfahren der zer­störungsfreien Werkstoffprüfung (zfP), das zur Erkennung von Materialfehlern eingesetzt wird, die zur Oberfläche hin offen sind. Dieses Verfahren beruht auf der kapillaraktiven Wirkung von Flüssigkeiten (den Eindringmitteln) und eignet sich besonders zur Detektion von Rissen, Poren und anderen Un­regel­mäßigkeiten, die zur Oberfläche eines Werkstücks offen sind. 

Anwendungsbereiche
Besonders häufig wird die Eindringprüfung in der metallverarbeitenden Industrie, im Bereich Automobil und Luftfahrt­ zur Prüfung sicherheitsrelevanter Kom­po­nenten (z.B. Gussstücke, Schmiedeteile, Schweißnähte) verwendet. Im Bereich Bau, Kraftwerke, und Anlagenbau sorgen Prüfungen von Stahlkonstruktionen, Druckbehälter, Rohre und Armaturen für Sicherheit.

Die Farbeindringprüfung, also die Ein­dringprüfung bei Tageslicht mit roten Prüfmitteln wird umgangssprachlich auch Rotweiß-Prüfung genannt. Es ist ein klassisches Verfahren der zerstörungsfreien Werkstoffprüfung. Es ermöglicht also die Prüfung, ohne den Prüfgegenstand selbst zu be­ein­trächtigen. 

Gängige Kürzel können neben PT (penetrant testing) vor allem international auch LPI (liquid penetrant inspection) oder FPI (fluorescent penetrant inspection) sein.

Fluoreszierende Eindringprüfmittel

Tageslicht - Rot/Weiß Eindringprüfmittel

Grundlagen und Funktionsweise der Eindringprüfung

Bauteil_Eindringprüfung
Bauteil_Eindringprüfung

Neben der fluoreszierenden Eindring­prüfung unter Zuhilfenahme von UV-Strahlern kann die Eindringprüfung auch bei Tageslicht durchgeführt werden. Hier spricht man von der Farbeindringprüfung, da zumeist Eindringmittel mit rotem Farbstoff verwendet werden. Hier ist das Auftragen eines Entwicklers unum­gänglich, um neben der Anzeigen­vergrößerung auch einen ausreichenden Kontrast zu erreichen. Daher wird die Farbeindringprüfung unter Tageslicht­bedingungen umgangssprachlich auch "Rotweiß-Prüfung" genannt.

Die Eindringprüfung nutzt die ka­pillaraktive, kriechende Wirkung von Flüssigkeiten (den Eindringmitteln). Ein spezielles Ein­dring­mittel (teilweise auch Penetriermittel genannt) wird auf die gereinigte Oberfläche des zu prüfenden Werkstücks aufgetragen. Da das Ein­dringmittel in vorhandene Oberflächen­fehler wie Risse, Poren oder andere Unregelmäßigkeiten eindringen soll, ist die Vorbehandlung der Oberfläche von besonderer Bedeutung.

Nach einer bestimmten Eindringzeit, die je nach Art des Eindringmittels und des zu prüfenden Werkstoffs variiert, wird das überschüssige Eindringmittel von der Oberfläche unter definierten Bedingungen entfernt. Anschließend kann ein Entwickler aufgetragen werden, der das in den Fehlern verbliebene Eindringmittel aus Oberflächenunregelmäßigkeiten heraus­zieht und somit zur Anzeige bringt.

Funktionsweise Magnetpulverprüfung
Funktionsweise Magnetpulverprüfung

Vorteile der Eindringprüfung

  • Für eine Vielzahl an Werkstoffen nutzbar
  • Direkte Erkennbarkeit der Fehlerlage
  • Einfach einsetzbar ohne komplexe Gerätetechnik
  • Auch sehr große oder komplex geformte Bauteile prüfbar

Verfahren der Eindringprüfung

Das hier beschriebene Verfahren zur Durchführung der Eindringprüfung ent­spricht den Vorgaben der DIN EN ISO 3452-1. Für einen sicheren Prüfprozess und korrekte Ergebnisse sind erforderlich

  • genaues Befolgen der Verfahrens­schritte
  • Einsatz von geeignetem Zubehör
  • Verwendung einer zugelassen Ein­dring­mittel-Produktfamilie

Darüber hinaus hat die Durchführung durch qualifiziertes Prü­fpersonal zu erfolgen, beispielsweise ausgebildet gemäß DIN EN ISO 9712. Nur so kann die Einhaltung der genannten Voraussetzungen sicher­ge­stellt werden und die Ergebnisse korrekt interpretiert werden.

Eine zugelassen Produktfamilie besteht aus einem nach DIN EN ISO 3452-2 abgeprüften System, besteht aus Eindringmittel, Zwischenreiniger und Entwickler.

Verfahrensschritte der Eindringprüfung

PT: Vorbereiten und Vorreinigen der Prüffläche
PT: Vorbereiten und Vorreinigen der Prüffläche

1. Vorreinigung

Die zu prüfenden Oberflächen müssen frei von Rost, Zunder, Öl, Fetten oder Lack sein. Dies wird erreicht durch mech­anische oder chemische Vor­behandlung. Die Prüfflächen müssen frei von Rück­ständen sein, damit das Eindringmittel in die Oberflächenfehler ein­dringen kann.

 PT: Aufbringen des Eindringmittels
PT: Aufbringen des Eindringmittels

2. Aufbringen des Eindringmittels

Erfolgt mittels Sprühen, Streichen, Über­gießen oder Tauchen. Das Ein­dringmittel muss für die gesamte Eindringdauer auf der Prüffläche verbleiben.

PT: Eindringdauer
PT: Eindringdauer

3. Eindringdauer

Die Eindringdauer richtet sich nach den Eigenschaften des verwendeten Eindring­mittels, des Werkstoffes, der Prüf­temperatur sowie den nach­zuweisenden Fehlern. Sie liegt meist zwischen 5 – 60 min.

PT: Zwischenreinigung
PT: Zwischenreinigung

4. Zwischenreinigung

Das überschüssige Eindringmittel wird von der Oberfläche mit Wasser (< 2 bar) oder zugelassenem Reiniger entfernt. Es ist darauf zu achten, dass das Eindringmittel in den Oberflächenfehlern verbleibt. Kontrolle unter UV-Strahlung (> 100 µW/cm² und < 100lx) bzw. Tages-­/­ Kunstlicht (> 350 lx).

PT: Auftragen des Entwicklers und Entwicklungsvorgang
PT: Auftragen des Entwicklers und Entwicklungsvorgang

5. Entwickeln

Nach der Trocknung der Prüffläche wird der Entwickler gleichmäßig aufgetragen. Die Entwicklungsdauer sollte zwischen 10 – 30 min. liegen. Sie beginnt bei Nassentwicklern direkt nachdem der Entwickler getrocknet ist, bei Trocken­entwicklern direkt nach dem Auftragen.

PT: Inspektion und Dokumentation
PT: Inspektion und Dokumentation

6. Inspektion

Im Laufe der Entwicklungsdauer bilden sich Anzeigen aus. Die Anzeigen werden bei der Verwendung von fluores­zierenden Eindring­mitteln unter UV–Strahlung (≥ 1000 µW/cm² und < 20 lx) bzw. bei der Verwendung von Farb­eindringmitteln unter Tages-/Kunstlicht (> 500 lx) ausgewertet und doku­mentiert.

Normen und Spezifikationen

Das Verfahren und die praktische Anwendung der Eindringprüfung werden in verschiedenen Normen und Spezi­fikationen beschrieben und definiert. So wird sichergestellt, dass mit den Prüfungen ein gesichertes und konsistentes Ergebnis erzielt wird. Standardisierung sorgt auch dafür, dass Prüfungen weltweit ver­gleichbare Ergeb­nisse ergeben.

Nachfolgend aufgeführte Normen beschreiben das Verfahren, die praktische Umsetzung, Anforderungen an das Prüfmittel, Betrachtungsbedingungen oder Personalqualifizierung für die Eindring­prüfung.

  • DIN EN ISO 3452-1, 3452-2, 3452-3
  • ASTM E165, E1417
  • AMS 2644
  • ASME V Art. 6
  • EN 3059
  • DIN EN ISO 9712

In Deutschland spielt außerdem die Deut­sche Gesellschaft für Zerstörungsfreie Prüfung (DGZfP)  eine zentrale Rolle bei der Verbreitung und Schulung dieser und anderer Prüfverfahren. Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere, oft nationale oder sogar unternehmensinterne Spezi­fikationen und Regelwerke, z.B. zu Werkstückgüteklassen.

PFINDER ist Mitglied in folgenden Normenausschüssen und arbeitet darüber hinaus in verschiedenen verfahrens­bezogenen Fachausschüssen mit:

National
NA 062-08-24 AA (Elektrische und magnetische Prüfverfahren)
NA 062-08-25 AA (Oberflächenverfahren) 

International
CEN/TC 138/WG 04 (Eindringprüfung)
ISO/TC 135/SC 2 (Oberflächenverfahren)

Grenzen des Verfahrens

Eine Vielzahl von Werkstoffen kann mittels der Eindringprüfung untersucht werden. Der gesamte Ablauf nimmt dabei pro Prüfteil einige Zeit in Anspruch.

Bei sehr porösen Oberflächen (Bsp. Keramiken) kann die Zwischenreinigung aufwendig werden und die anschließende Auswertung aufgrund mangelndem Kontrastes unmöglich werden. Ebenso sind vor allem Kunststoffe vor der Prüfung auf Materialverträglichkeit mit der verwendeten Produktfamilie zu unter­suchen. Die Größe einer Anzeige lässt keinen Rückschluss auf die Größe oder das Volumen einer möglichen Fehlerstelle zu.

Der Vorreinigung der zu prüfenden Oberfläche ist große Bedeutung beizu­messen, da jegliche Rückstände den Eindringvorgang stören und das Ergebnis verfälschen können. Auch die Umgebungsbedingungen (Bsp. Tem­peratur und Luftfeuchtigkeit) müssen berücksichtigt werden.

Es ist daher wichtig, die Eindringprüfung von qualifiziertem Prü­fpersonal planen und durchführen zu lassen. Die richtigen Prüfmethoden und Prüfmittel sind aus­zuwählen und die Ergebnisse korrekt zu interpretieren.

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